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Fallbericht einer schweren Darmbarrierestörung


Der Einzelfallbericht ersetzt nicht die strukturierte Untersuchung, Behandlung und Ergebnisanalyse größerer PatientInnengruppen. Er kann Therapeutin und Therapeut aber Denkanstöße geben und den Blickwinkel erweitern.

Schwere Darmbarrierestörung ("leaky gut") mit langjährigen chronischen Durchfällen und Mangelernährung als Folge einer wahrscheinlich angeborenen Erweiterung der Lymphgefäße des Dünndarms (Morbus Waldmann) bei einer 77-jährigen Frau.

Der Fallbericht wurde bereits von der 2. Medizinischen Universitätsklinik Homburg (Direktor Prof. Dr. Lammert) als Kongressbeitrag in der Zeitschrift für Gastroenterologie (2013: S1-K469) publiziert.

Anamnese:
Die zum damaligen Zeitpunkt 77-jährige Frau litt seit der Jugend unter wiederkehrenden Bauchbeschwerden.
Sie wurde 1986 erstmalig wegen eines Magengeschwürs und eines Darmverschlusses stationär behandelt. Seither litt sie unter Erbrechen in regelmäßigen Intervallen (2-3x pro Woche) und Bauchschmerzen. Es wurde eine Laktoseintoleranz diagnostiziert. Das Körpergewicht lag zu dieser Zeit bei 62 kg. 2008 sei ein Syndrom der unruhigen Beine („restless legs“) diagnostiziert worden. Seit 2011 nahm die Patientin 10 kg Gewicht ab. 2010 und 2012 erfolgten erneute stationäre Abklärungen. Es wurden obere und untere Endoskopie, Sonographie und Labordiagnostik durchgeführt. Bereits 2010 waren ein Gesamteiweißwert im Blut von 40 g/l (normal über 64 g/l) und ein Albumin von 2,0 g/l (Minimum 3 g/l) dokumentiert.
Es wurden chronische Gastritis, Malabsorption mit Gewichtsabnahme bei Laktoseintoleranz, Hypoalbuminämie (Eiweißmangel), Osteoporose, Polyneuropathie, Restless legs Syndrom, Fibromyalgie und Sinustachycardie (beschleunigter Herzschlag). diagnostiziert. Eine spezifische Therapie wurde nicht eingeleitet. Der Patientin wurde beschieden, sie sei austherapiert.
Zuletzt wurde wegen chronischer muskuloskelettaler Ganzkörperschmerzen eine stationäre orthopädische Rehabehandlung und Schmerztherapie durchgeführt. Sie wurde mit einer Polytherapie (zentral und peripher wirkende Schmerzmittel, Gabapentin, Diazepam) entlassen.
Nach weiterer Verschlechterung wurde die Patientin 2013 in meiner Praxis vorstellig.
Zu diesem Zeitpunkt litt sie intermittierend unter Durchfall (bis zu 7 breiig-wässrige Entleerungen pro Tag), Bauchkrämpfen, Ödemen, Schwäche und generalisierten Schmerzen.

Befunde:
Die Patientin befand sich in einem ausgeprägt reduzierten Kräfte-und Ernährungszustand, bedingt vorrangig durch Abbau von Muskelmasse bei noch normalem Körpergewicht (162 cm, 53 kg, BMI 20 kg/qm). Sie wies erhebliche Wassereinlagerungen (Ödeme) der Beine auf. Infolge der Schwäche war der Gang unsicher mit Stolper- und Sturzneigung. Die Haut wies multiple blaue Flecken und Unterblutungen auf.
Bioelektrische Impedanzmessung: Zeichen der Katabolie (Muskelabbau, Zellanteil 32%, normal über 47%), Fettmasse 12 kg (21%).

Labor:
Im Stuhl: massiver Eiweißverlust (alpha 1 Antitrypsin, Albumin maximal erhöht), Blutbeimengung, erhöhter Gehalt von Fett und Gallensäuren, Verminderung der Pankreaselastase, maximale Erhöhung von sekretorischem IgA, erhöhter Histaminspiegel im Stuhl). Bei Erstuntersuchung Nachweis von Salmonella typhimurium, bei Kontrolle negativ und ohne erkennbaren Einfluss auf die Symptomatik.
Im Blut: ausgeprägter Eiweißmangel (Gesamteiweiß, Albumin vermindert),
erhöhter Zonulinwert im Serum, Diaminoxidasemangel, Niereninsuffizienz (GfR nach Cystatin 72 ml/min.)
Starke Verminderung der Lymphozyten (330 /ul) mit Beteiligung aller Fraktionen, Mangel an Vitamin B12, Eisen, Magnesium, Vitamin D2 und D3, erhöhter Knochenumbau (Telopeptide), Erhöhung von Chromogranin A (bei PPI-Einnahme).
Erhöhtes Parathormon als Zeichen eines sekundären Hyperparathyreoidismus (Überfunktion der Nebenschilddrüse bei verminderter Calciumaufnahme, Vitamin D – Mangel und Niereninsuffizienz).

Ein Hydro-MRT des Dünndarms zeigte keine entzündlichen Veränderungen der erfassten Darmabschnitte. Es war eine geringe Menge Aszites (freie Flüssigkeit)
nachweisbar.

Therapie und Verlauf:
Zunächst wurde eine Aufsättigung der Nährstoffdefizite über Infusionen durchgeführt.
Eine Basistherapie des leaky gut mit hochdosiertem L – Glutamin, Huminsäuren und Probiotika wurde eingeleitet, Pankreasenzyme wurden substituiert. Unter einer histaminarmen, eiweißbetonten Ernährung unter Zugabe kalorienreicher Trinknahrung gelang eine Stabilisierung des Kräftezustandes.
Wegen fortbestehender Durchfälle und Bauchbeschwerden wurde eine Verlegung in die Universitätsklinik, vorrangig zur Durchführung einer Enteroskopie, unter anderem zum Ausschluss eines Morbus Whipple eingeleitet.
Dort wurde im Rahmen der erneuten Diagnostik (Coloskopie, MR des Dünndarms, Atemtests, Sonographie) zunächst kein neuer Aspekt erarbeitet. Bei tiefer Duodenoskopie zeigte sich dann eine Lymphangiektasie (Erweiterung der Lymphgefäße). Diese bestätigte sich in starker Ausprägung bei der Kapselvideoendoskopie und der anschließend durchgeführten Ballonenteroskopie. Untersuchungen der Gewebeproben auf Tropheryma Whipplei mittels PCR waren negativ. Somit wurde die Diagnose einer intestinalen Lymphangiodysplasie Morbus Waldmann gestellt.
Die Patientin wurde ernährungstherapeutisch beraten: Vermeidung langkettiger Fettsäuren, Zufuhr von MCT-Fett (mittelkettige Fettsäuren, die leichter aufgenommen werden und den Lymphstau des Dünndarms nicht weiter verstärken), Substitution fettlöslicher Vitamine und Anhebung der Eiweißzufuhr.
Nach Entlassung war die alleine lebende Patientin mit dem neuen Ernährungsplan überfordert. Laborkontrollen zeigten ein Fortbestehen des massiven
Eiweissverlustsyndroms.
Wegen Gangunsicherheit und Gebrechlichkeit stürzte die Patientin zuhause wiederholt und zog sich schließlich eine Hirnblutung (subdurales Hämatom) zu. Nach operativer Versorgung kam es zu einer erfreulichen Wiederherstellung des geistigen Zustandes.
In der Folgezeit erlitt die Patientin im Rahmen einer neuerlichen versorgungsbedingten Krise einen Herzinfarkt (NSTEMI) mit folgender Herzmuskelschwäche und Rippenfellerguss.
In der Klinik machte sie einen Benzodiazepinentzug durch.
Durch Optimierung der häuslichen Versorgung und Ernährung wurden nach Entlassung nun auch die körperlichen Beschwerden gebessert. In der Folgezeit entschloss sich die Patientin, in ein Seniorenheim umzuziehen. Dort konnte noch konsequenter auf die erforderliche Diät eingegangen werden und die Patientin nahm in den folgenden 2 Jahren 7 kg an Gewicht zu.
Durchfälle traten nur noch nach Abweichungen von den Diätvorschriften auf und kamen jeweils einige Tage nach Wiedereinhaltung des Essensplans zum Stillstand.
Der mit der bioelektrischen Impedanzmessung ermittelte Zellanteil als Marker eines Muskelabbaus verbesserte sich von 32 auf 42,5 % (normal in dieser Altersgruppe über 47%). Im Stuhl ging alpha 1 Antitrypsin als Marker des leaky gut von 285 auf 127 mg/dl zurück (normal bis 26!), die Albuminausscheidung im Stuhl normalisierte sich (von 80 auf 4 ug/g Stuhl, normal bis 9) ebenso die Fettausscheidung und die Pankreaselastase. Wiederkehrende Nährstoffdefizite (Eisen, Vitamin D, Magnesium) trotz (regelmäßiger?) Einnahme von Präparaten waren weiterhin behandlungsbedürftig.
Die Lebensqualität hat sich nach Aussage der Patientin massiv gebessert.

Zusammenfassend litt die Patientin über viele Jahre unter einem chronischen Eiweißverlustsyndrom mit schwerer Mangelernähung und multiplen körperlichen Folgeschäden.
Ursache war eine Fehlbildung der Lymphgefäßversorgung des Dünndarms, die über einen chronischen Lymphstau zu einem so genannten Malabsorptionssyndrom führte.
Trotz der klinischen Symptome und der hochgradig auffälligen Stuhlbefunde konnte die Diagnose erst in der Universitätsklinik durch invasive Dünndarmdiagnostik (Videoendoskopie, Enteroskopie) gesichert werden.
Da keine infektiöse (Morbus Whipple, andere Parasitose) oder anderweitige Ursache (bösartiger Prozess, Autoimmunerkrankung usw.) vorlag, wurde ein Morbus Waldmann angenommen.
Morbus Waldmann ist genetisch bedingt und zählt zu den so genannten seltenen Erkrankungen ("orphan diseases").
Untypisch indes ist das hohe Alter zum Zeitpunkt der Diagnose. Die Erkrankung ist in der Fachliteratur weltweit bei 5 Erwachsenen dokumentiert.
Andererseits litt die Patientin auch schon seit der Jugend an Verdauungsbeschwerden.
Durch strikte Einhaltung der gebotenen diätetischen Vorgaben, Nährstoffsubstitution und allgemeine Betreuung und Versorgung erlangte die Patientin eine befriedigende Lebensqualität wieder.
Die Behandlung mit Probiotika und L-Glutamin wurde fortgeführt.


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