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Infos zur Mastzellaktivierungsstörung (MCAD)
Am 25. 7. 2014 erschien in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (DMW)
eine äußerst interessante Zusammenfassung zum Thema Mastzellaktivierungsstörung
(Mast cell activation disorder, MCAD).
Die Autoren Moldering (Humangenetiker) und Homann (Internist) aus Bonn
sowie Brettner (Hämatologe, Waldbröl), Raithel (Internist, Erlangen)
und Frieling (Internist, Krefeld) erweitern meinen aktuellen Kenntnisstand
zum Thema Histaminbelastung aus schulmedizinischer Sicht.
Bei bis zu 17 % der Bevölkerung kommt es den Autoren zufolge
aufgrund genetischer Veränderungen im Laufe des Lebens zu einer krankhaften
Überaktivierung der Mastzellen, die sich im ganzen Körper und
in allen Organen befinden (zum Vergleich der Häufigkeit: Die systemische
Mastozytose, die mit ähnlichen Symptomen und zusätzlicher Infiltration
des Knochenmarks einhergeht, betrifft 1 von 360 000 Deutschen, die Mastzellleukämie
als bösartige Bluterkrankung 1 von 1,5 Millionen).
Die Mastzellen enthalten neben 200 (!) anderen bioaktiven Stoffen
vor allem Histamin. Kommt es zu einer verstärkten Aktivierung
der Mastzellen lokal oder im ganzen Organismus, entsteht eine Vielzahl
von Symptomen:
Organbezogen: Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Herzrasen,
anderweitig nicht erklärbare Brustschmerzen, Hautrötung, Juckreiz,
vor allem im Bereich des Afters, Quaddelbildung, Ekzeme, Sodbrennen,
Magenschmerzen, Übelkeit, Darmkrämpfe, Durchfall, Verstopfung,
Blähungen, Becken- und Blasenschmerzen, Schwellung von Haut und
Schleimhäuten, Aphthen, Nervosität, Aufmerksamkeitsstörung,
Wortfindungsstörung, Schlafstörung, Schwindel, Ohnmachtsanfälle,
Tinnitus, Angst, Psychosen, Atemnot / Asthma, Fließschnupfen,
verstopfte Nase, Bindehautreizung, Leberwerterhöhung, Neigung zu
blauen Flecken, verstärkte Blutung, Hitzewallungen, Gefühlsstörungen,
Neuropathie, Ganzkörperschmerzen, Lymphknotenschwellungen.
Bezogen auf den Gesamtorganismus: Müdigkeit, Leistungsminderung,
Gewichtsverlust, erhöhte Körpertemperatur, Infektanfälligkeit,
hoher Blutdruck, Blutdruckabfall.
Für eine Gesamtübersicht empfehle ich einen Besuch der Seite
www.histaminintoleranz.ch.Die Autoren nehmen anhand der vorherrschenden Symptome eine Einteilung
in 5 verschiedene Erscheinungsformen vor:
- Reizdarmsymptomatik,
- Fibromyalgiesymptomatik, (schwere Allergiereaktion vom Soforttyp
"ungeklärter Ursache").
- kardialer (Herz-) Erscheinungstyp,
- ZNS(Nervensystem)-Typ,
- "idiopathische" Anaphylaxie
Charakteristisch ist das Auftreten der Symptome in Form von Attacken
oder Schüben.
Interessant ist die Auflistung einiger Symptome, die ich bisher nicht
mit Histaminproblemen in Verbindung brachte:
erweiterte Äderchen (Teleangiektasien), Pseudomelanosis Coli (Dunkelfärbung
der Darmschleimhaut, sonst bei Abführmittelmissbrauch, hier jedoch
ohne Laxanziengebrauch!), Erhöhung des Gallenfarbstoffs im Blut
(ohne Leber-, Blutererkrankung oder genetisch bedingte Erhöhung
(Morbus Meulengracht)), erhöhtes Cholesterin, erhöhte Leberwerte,
Osteoporose, Verwachsungen im Bauch, Blutungsneigung.
Die Vielzahl der Symptome und die Beteiligung aller Organsysteme
machen die MCAD zu einer chronischen Multisystemerkrankung, die natürlich
auch mit weiteren Erkrankungen wie z. B. chronischer Borreliose vergesellschaftet
sein kann.
Nachgewiesen wurde von Molderings eine genetische Komponente
bei dem Krankheitsbild, entsprechende Tests sind derzeit aber noch nicht
breit verfügbar.
Die genetischen Veränderungen beeinflussen die Regulation der Mastzellfunktion,
speziell Proliferation (Vermehrung) und programmierten Zelltod
(Apoptose).
Es handelt sich somit um Störungen der Mitochondrienfunktion
der Mastzellen. Aufgrund der (zunehmenden) Häufigkeit muss
man natürlich von weiteren auslösenden (Umwelt-) Faktoren
ausgehen: Fehlregulationen des Immunsystems (Allergien), chronische
Entzündungen, mastzellstimulierende Stoffe wie Medikamente, Alkohol
und Umweltschadstoffe.
Sind die Mastzellen erstmal längerdauernd aktiviert, besteht die
Gefahr der weiteren Verschlimmerung oder Ausbreitung, weil auch andere
Mastzellgebiete zunehmend rekrutiert werden können.
Neben Histamin können die Mastzellen über 200 sogenannte
Zytokine (Botenstoffe) ausschütten, die die unterschiedlichsten
Wirkungen auf den Organismus haben! Interessant ist, dass Chromogranin
A, das mir bisher als Marker des so genannten Karzinoidsyndroms
(macht ebenfalls anfallsartige Hitze, Herzrasen usw.) bekannt war, auch
ein Mastzellprodukt ist. Dies erklärt die Erhöhungen, die
ich bei einer ganzen Reihe von PatientInnen gemessen habe, ohne dass
ein Karzinoid nachweisbar war.
Auch Heparin gehört zu den Mastzellprodukten und kann für
verstärkte Blutungsneigung verantwortlich sein.
Diagnostik:
Ein von der Arbeitsgruppe erstellter Fragebogen fasst die Symptome
und Befunde zusammen und ermöglicht die Ermittlung eines Summenwertes
(positiv ab 16 Punkten).
Labor: Die Werte der Mastzellaktivierung sollten möglichst
komplett bestimmt werden: Histamin im Blut, Methylhistamin im Sammelurin,
Tryptase, Chromogranin A, zusätzlich: Eosinophile im Blutbild,
IgE.
Endoskopie: Bei Magen- und Darmspiegelung sollten Gewebsproben
entnommen werden, die auf Mastzellansammlung untersucht werden sollten.
Therapie: Gemieden werden sollen alle individuellen histaminfreisetzenden
Faktoren: Medikamente, Allergene, Stress, Hitze, Schadstoffe, Alkohol,
Zigaretten, usw.
Die Histaminfreisetzung bzw. Wirkung im Gewebe soll möglichst effektiv
gebremst oder gestoppt werden, um eine weitere Ausbreitung der Symptomatik
zu verhindern. Hierfür stehen Mastzellstabilisatoren zur Verfügung
(Cromoglicin, Ketotifen), H1 -Blocker (Haut, Schleimhäute), H2
- Blocker (Magensäure), Cortison und Immunsuppressiva.
Für die Förderung des Histaminabbaus ist Vitamin C sinnvoll.
Immunstimulierende Maßnahmen und alkoholhaltige Medikamente (auch
Homöopathika) sollten gemieden werden.
Eine Selbstheilung findet nicht statt!
Zusammenfassend hat diese Arbeit eine große praktische
Relevanz.
Die Autoren betonen, dass im Einzelfall vordiagnostizierte Krankheiten
wie Fibromyalgie, Reizdarm, chronisches Müdigkeitssyndrom, Schmerzsyndrome
usw. neu bewertet bzw. neu abgeklärt werden müssen!
Ergänzungen aus meiner Sicht:
Es fehlt in der Arbeit der erweiterte Bezug zu der Rolle des Darms
bei Histaminproblemen, insbesondere den häufigen Darmschleimhautstörungen
im Sinne des "leaky gut".
Diese führen durch chronische immunologische Nahrungsmittelreaktionen,
Reaktionen auf Bakterientoxine und Umweltschadstoffe ebenfalls zur Mastzellaktivierung
und Histaminfreisetzung.
Die Testung auf verzögerte IgG-Nahrungsmittelintoleranzen
mit anschließender gezielter Ernährungsumstellung ist nach
meiner Beobachtung ein wichtiger Teil der Diagnostik.
Auch die Störung der Darmflora (des Mikrobioms) mit Vermehrung
histaminbildender Bakterien verschlimmert die Symptome.
Durch eine exokrine Pankreasinsuffizienz mit reduzierter Eiweißverdauung
kann ebenfalls die Histaminbildung durch Darmbakterien gesteigert werden.
Der Diaminoxidasemangel, der meist Folge des leaky gut ist und
mit vermindertem Abbau von Histamin im Darm, unserer größten
Umwelt-Kontaktoberfläche, verbunden ist, führt im Sinne der
erworbenen Histaminunverträglichkeit zur Beschwerdeverstärkung.
Schließlich führen Metallbelastungen, speziell eine
krankhafte Aluminiumspeicherung, zu einer verstärkten Fehlfunktion
der Mastzellen.
Auch chronische Infektionen wie Borreliose gehen mit einer Verschlimmerung
der Symptome einher. Der genaue Zusammenhang der beiden Krankheitsbilder
ist noch zu klären.
Die eben genannten Faktoren müssen bei der Diagnostik berücksichtigt
werden, denn in der Kombination führen alle diese Einflüsse
zu einer Verschlimmerung der Belastung mit Mastzellprodukten.
Therapeutisch fehlen in der Arbeit ganzheitliche Aspekte wie
die Bedeutung der Darmsanierung, die Umstellung auf histaminarme und
allergenarme Diät, die Gabe von Daosin, sowie die positiven Effekte
hochdosierter Vitamin C-Infusionen, der Oxyvenierung, der Blutlasertherapie
und der Metallausleitung.
Fragen zum Thema:
Warum gibt es Mastzellen?
Mastzellen sind Teil des Entzündungs- und Abwehrsystems.
Meiner Meinung nach dienen sie dazu, eine übermäßige
Belastung des Organismus mit Umweltstoffen abzuwehren.
Probleme entstehen, wenn die Toleranz des Immunsystems gegenüber
Umweltstoffen verloren geht (durch Überschwemmung mit schädlichen
Stoffen, Schwächung des Immunsystems oder Fehlregulation).
Histamin als Mediator verursacht eine Entzündungsreaktion mit Sekretfluss
(Schnupfen, Augentränen, Verschleimung der Bronchien, Durchfall,
Magensäurefluss) sowie Schmerz, Juckreiz und viele andere unangenehme
Symptome als Alarmsignale.
Reagiert der Mensch nicht mit einer Reduktion der Belastungen, setzt
sich der Prozess immer intensiver fort.
Warum muss man mit Medikamenten behandeln?
Je nachdem, wie weit der Mastzellaktivierungsprozess schon fortgeschritten
ist, muss man die Histaminfreisetzung und -wirkung möglichst effektiv
stoppen, um eine weitere Generalisierung zu verhindern. Hierfür
sind gegebenenfalls auch Medikamente erforderlich.
Selbstverständlich ersetzen diese langfristig nicht die Beseitigung
der (mit-) auslösenden Faktoren (Umwelt, Ernährung).
Wie kann man die genetisch bedingte Mastzellstörung von der
erworbenen abgrenzen?
Meiner Meinung nach ist das derzeit schwierig und theoretisch,
zumal es sich meiner Meinung nach bei der Auslösung der Erkrankung
um eine Kombination aus Veranlagung und Umwelt handelt.
Man muss entscheiden, ob eine eher noch lokal begrenzte Störung
wie Heuschnupfen oder eine bereits zur Generalisierung sich entwickelnde
Erkrankung vorliegt.
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