Allgemeines
Leistungsspektrum
Diagnostik
Therapie
Über Dr. med. Alexandra Kellner
Über Anton Kellner
Kontakt
Ausstellung
Aktuelles:
Post-COVID-Syndrom
Texte zu den Spezialgebieten:
Bauchbeschwerden
Infos
zur Mastzellaktivierungsstörung (MCAD)
Aktuelle
Erkenntnisse zur Mastzellaktivierungsstörung (MCAD)
leaky gut
Aktuelles zum Thema "Leaky gut"
Die
Rolle der Diaminoxidase
Senkung
erhöhter Spiegel von Lipoprotein
Fallbericht
einer schweren Darmbarrierestörung
Diagnostisches
Vorgehen bei chronischen Bauchbeschwerden
Studie
zu Insumood
Borreliose
Bitte
besuchen Sie unsere neue Homepage Borreliose-Saar
Verschiedenes
Multisystemerkrankungen (MSE)
Die Prostata als Müllhalde
Die Übersäuerung
Normalisierung
einer diastolischen Dysfunktion des Herzens durch Oxyvenierungstherapie
Effekt von L-Carnosin
Neuroprotektion durch Carnosin
Polyphenole
und Tumorzellen
Vitalitätsreduktion
von Tumorstammzellen
|
Aktuelles zum Thema "Leaky gut" (=der durchlässige
Darm)
Die
folgenden Ausführungen spiegeln meinen aktuellen
Stand der Kenntnisse und Meinungen zum Thema "leaky
gut" wider.
Sie sind rein persönlicher Natur und (zumindest
teilweise) nicht durch die so genannte Evidenz
("evidence based medicine") oder gar
"Leitlinien" abgesichert. Grundlage sind
aktuelle Veröffentlichungen (u. a. in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift (DMW), Journal
onkologie online, Zeitschrift für Umweltmedizin)
und der 3. Kongress der Deutschen Gesellschaft
für Probiotische Medizin (Deprom),
welcher am 24.und 25.2.2017 in Berlin stattfand.
Ich habe teilweise die Form von Frage und Antwort
gewählt, um einzelne Teilbereiche des mittlerweile
riesigen Themenkomplexes darzustellen. Für
eine Übersicht empfehle ich meinen Artikel
"Leaky gut -
der durchlässige Darm" auf ebendieser
Homepage.
1. Allgemeines
Der Mensch hat während seiner Evolution
eine Masse von 2 kg Bakterien (40 Billionen, 4
x 10 hoch 12 lebende Organismen, 10 000 mal mehr
Lebewesen als die gesamte Menschheit) in seinen
Darm aufgenommen, um bestimmte Prozesse auszulagern
("out sourcen"), mit den Zielen, Energie
zu sparen und beweglich zu bleiben. Dafür
ist der Mensch das Risiko eingegangen, mit diesem
riesigen Organismus Darmmikrobiom (Mikrobiom
= Mikro-Lebens-Raum), früher Stuhlflora
genannt), der mehr Gene hat als der Mensch
selbst, im Einklang zu leben (sogenannte Symbiose
= Zusammenleben).
Zentrale Funktionen des Mikrobioms sind die
Entwicklung und Aufrechterhaltung des Darmimmunsystems,
die Abwehr von Krankheitserregern und Toxinen,
die Regulation des Zentralen Nervensystems und
des Darmnervensystems, die Adaptation (Anpassung)
an Kälte (!) und die Unterstützung der
Verdauung durch Erweiterung der Enyzmaktivitäten
und Optimierung der Gewinnung von Energie und Stoffwechselprodukten.
Das heißt, die Bakterien produzieren Vitamine
und Aminosäuren, wandeln Hormonvorstufen um,
produzieren Fettsäuren, die die Darmschleimhaut
ernähren, regulieren das Immunsystem, senden
Signale an das Gehirn usw.
Die meisten Stoffwechselprodukte (Metabolite)
im Blut sind bakteriellen Ursprungs.
Bakterien sind im ganzen menschlichen Organismus
nachweisbar, so zum Beispiel auch im Glaskörper
des Auges und der Plazenta (Mutterkuchen).
Verschiedene Körperregionen haben ein spezifisches
Mikrobiom: wenn man die Haut hinter dem Ohr desinfiziert
und dann Bakterien von der Achselhöhle dorthin
überträgt, kehrt nach 8 Stunden das ursprüngliche
Mikrobiom wieder zurück. Dies gilt natürlich
nur unter der Voraussetzung, dass die Haut gesund
ist, das Immunsystem funktioniert und keine resistenten
Bakterien im Spiel sind.
2. Wieso lag die Mikrobiomforschung
so lange brach?
Die Erkenntnis, dass das Mikrobiom Bedeutung
für die Behandlung von Erkrankungen hat, reicht
bis in das Altertum zurück. Aus China gibt
es Beschreibungen über Stuhltherapie aus dem
4. Jahrhundert. Im Jahre 1697 berichtete Paullini
in der "Heilsamen Dreck - Apotheke" von
der Verabreichung von Kot an Kranke. Vor 100 Jahren
entdeckte Nissle die Heilwirkung eines bestimmten
Escherichia Coli - Stammes. Er war bei der Behandlung
infektiöser Darmerkrankungen wirksam und ist
als E. Coli Nissle bis heute in breiter Anwendung
(unter anderem bei der Behandlung der Colitis ulcerosa).
Historisch waren die 60er und 70er Jahre des vorigen
Jahrhunderts durch den Siegeszug der Antibiotika
geprägt.
Probleme mit Bakterien hat man einfach mit Antibiotika
"weggemacht".
Warum der Einsatz von Antibiotika in der Folgezeit
so unkritisch eskalieren konnte, kann ich auch
nur spekulativ bewerten. Bei Atemwegsinfekten könnte
ärztlicherseits Zeitmangel bei der Diagnostik
eine Rolle spielen, eventuell auch von Seiten der
PatientInnen der Wunsch nach schnellerer Heilung
von den unangenehmen Symptomen.
Auf dieser Grundlage entstanden jedenfalls nachweisbar
Folgeprobleme:
- Gehäuftes Auftreten von Allergien,
Asthma, Neurodermitis
- Immunschwäche mit wiederum gehäufter
Neigung zu Infekten (Atemwege, Harnwege),
die erneut Antibiotikatherapien nach sich zogen
- Auftreten von Problemkeimen und Multiresistenzen
wie MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus
aureus) und ESBL - (extended Spectrum
- Betalactamase) - bildende Keime (z.
B. Klebsiellen oder E. Coli, Darmkeime, die Antibiotika-spaltende
Enzyme bilden)
und natürlich
- die Dysbiose und der durchlässige Darm.
Parallel wurden praktisch keine neuen Antibiotika
entwickelt.
Die so genannte Schulmedizin hat sich erst seit
etwa 15 Jahren verstärkt mit dem Mikrobiom
und der Darmbarriere beschäftigt. Erste therapierelevante
Studien wurden zum Beispiel von Prof. Kruis, Köln,
mit E. Coli Nissle bei Colitis ulcerosa durchgeführt.
Wenn ich die letzten 10 Jahre betrachte, hat das
wissenschaftliche Interesse an der Erforschung
des Mikrobioms erheblich zugenommen.
Ob der Erkenntnisgewinn durch Studien bei der Behandlung
der Mikrobiom - assoziierten Erkrankungen und Störungen
aber ähnlich rasch fortschreitet wie zum Beispiel
bei der Tumortherapie in den letzten 10 Jahren,
wird vor allem davon abhängen, ob die Industrie
genug Marktpotential für die Entwicklung und
den Verkauf von Präparaten sieht.
Für die Zukunft formulierte Prof. Kruis folgende
Ziele für ein optimiertes Vorgehen beim Patienten:
- Charakterisierung einer Dysbiose
- Identifikation des Mikrobioms
- Gezielte Therapie mit spezifischen Probiotika
3. Welche neuen diagnostischen
Methoden gibt es?
Bezüglich der Diagnostik der Barrierestörung
des Darmes gibt es keine neuen Aspekte. Die
so genannte Schulmedizin hält Parameter wie
Zonulin im Serum oder alpha 1 Antitrypsin und sekretorisches
IgA im Stuhl wegen fehlender Spezifität für
ungeeignet. In Berlin wurden von Prof. Akkermanns
(Utrecht) neue Parameter diskutiert wie intestinales
fatty acid binding protein (IFABP) im Serum
als Marker einer Schädigung der Darmzellen
(Enterozyten) sowie Citrullin im Serum als
Marker der gestörten Enterozytenfunktion.
Diese sind meines Wissens allerdings noch nicht
außerhalb von Studien verfügbar. Gold
- Standard für die Barrieretestung sei weiterhin
der aufwändige Lactulose - Mannitol
- Test.
In der alltäglichen Praxis kann man
mit einigen Parametern Zustand und Funktion der
Darmschleimhaut laborchemisch in ersten kleinen
Schritten beurteilen.
Bluttests:
Zonulin im Serum zeigt dünndarmspezifisch
Schädigungen der Schleimhautbarriere an (Störungen
der so genannten "tight junctions" =
"engen Verbindungen").
Die Diaminoxidase (DAO) als histaminabbauendes
Enzym, wird vorrangig in der Darmschleimhaut gebildet.
Eine Verminderung der Aktivität im Serum ist
meistens Folge eines leaky -gut. Nach Darmsanierung
normalisiert sich die DAO in vielen Fällen.
Es existiert auch ein angeborener, genetisch bedingter
DAO - Mangel.
Stuhltests:
Alpha 1-Antitrypsin ist ein Serumprotein.
Taucht es vermehrt im Stuhl auf, zeigt es eine
Schädigung der Schleimhautbarriere an.
Albumin taucht bei massiver Schädigung
der Darmbarriere ebenfalls vermehrt im Stuhl auf.
Sekretorisches Immunglobulin A (sIgA) spiegelt
den Zustand des Immunsystems der Darmschleimhaut
wider. Bei leaky gut wird sIgA zunächst durch
Erreger- und Toxinbelastung aktiviert und ist erhöht
nachweisbar. Bei langdauernder Belastung entwickelt
sich ein Defizit. Es existiert auch ein angeborener
sIgA - Mangel.
Gallensäuren (GS) werden normalerweise
am Ende des Dünndarms (im terminalen Ileum)
in die Blutbahn aufgenommen und wiederverwertet.
Werden Sie vermehrt ausgeschieden, können
Sie die Dickdarmschleimhaut schädigen und
Durchfall verursachen. Eine vermehrte Ausscheidung
deutet auf eine Störung des Transportmechanismus
des terminalen Ileums hin. Auch nach Gallenblasenentfernung
kommt es zur vermehrten Ausscheidung von GS.
Fett kann bei einer Verdauungsschwäche
der Bauchspeicheldrüse (des Pankreas) vermehrt
im Stuhl auftauchen und Durchfall verursachen.
Meiner Beobachtung nach kann eine erhöhte
Fettausscheidung auch bei einer Überlastung
oder Schädigung der Lymphbahnen des Dünndarms
entstehen.
Verdauungsfunktionstests (H2-Atemtests)
mit Laktose (Milchzucker), Fructose
(Fruchtzucker) und Sorbit geben Informationen
über Enzymausstattung und Transportmechanismen
des Dünndarms.
Mit einem H2-Test mit Lactulose kann man
die Transitzeit des Dünndarms messen.
Bezüglich der Mikrobiom-Diagnostik wird
sich vieles grundlegend verändern. Ein großes
Manko derzeit ist ja, dass man 80% der Darmbakterien
noch nicht kennt, deshalb auch nicht nachweisen
und schon gar nicht kultivieren kann (für
die Diagnostik, aber auch für die Therapie).
Man kann dies anteilmäßig mit der Größe
von Deutschland im Vergleich zum gesamten Rest
der Erde vergleichen.
Neue Methoden nutzen die Molekularbiologie.
Es gibt schon Gentests, mit denen man mehr Bakterienarten
über DNA-Tests als mit den bisherigen
kulturellen Methoden nachweisen kann (Metagenomik).
Verfügbar sind Tests, die etwa 300 verschiedene
Bakterien im Stuhl nachweisen (z.B. G-MAP-Dysbiose-Test).
Damit kann man die Schwere einer Dysbiose besser
charakterisieren. Allerdings ist keine quantitative
Messung der Bakterienzahl möglich.
Besser ist die Messung der RNA (Metatranskriptomik),
die ermöglicht zu unterscheiden, ob es sich
um lebende Bewohner des Darms handelt, oder tote
Bakterien, die zum Beispiel über die Nahrung
mit aufgenommen wurden.
Weitere Perspektiven liegen in der Analyse des
Proteoms (Metaproteomik) oder des Metaboloms
(Metabolomik), das heißt in der Erfassung
der Stoffwechselprodukte, die von den Bakterien
produziert werden. Damit ist man auf der Ebene
der Funktionalität.
Für eine breite und bezahlbare Verfügbarkeit
dieser neuen Tests rechnen Experten mit einem Zeitrahmen
von 5 Jahren.
Eine neue Hürde ist die Erkenntnis, dass die
Bakterien im Stuhl nicht zwangsläufig identisch
sind mit den Bakterien im Biofilm, der auf
der Darmschleimhaut liegt. Dieser Biofilm ist eine
funktionelle Struktur aus Bakterien und Schleim,
die die Schleimhautbarriere schützt und vielfältige
Stoffwechselfunktionen hat. Hier müssen sicher
auch Therapien für den Wiederaufbau geschädigter
Strukturen ansetzen.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Schreiber aus Kiel,
dem Präsidenten der Deprom, entnimmt für
Studien Gewebeproben aus der Darmschleimhaut vor
und nach Therapie, führt damit genetische
Mikrobiomanalysen durch und untersucht auf diese
Weise Effekte der Therapien.
Noch weitgehend unerforscht sind die Viren im menschlichen
Darm, die ebenfalls den Organismus beeinflussen.
Hier geht man von einer Größenordnung
von 10 hoch 15 (Billiarden) aus.
Hinzu kommen Mikroorganismen (Einzeller, Protozoen),
Pilze (Mykobiom, eventuell 10 hoch 12 = 1 Billion)
usw.
Zukunftsmusik sind momentan noch Tests zur Früherkennung
von Darmkrebs.
Man hat festgestellt, dass schon im Stadium der
Polypentstehung im Dickdarm Störungen der
Schleimhautbarriere vorliegen. Es dringen vermehrt
Bakterien in die Schleimhaut ein. Bestimmte Bakterien
sind offenbar mit einer gesteigerten Neubildung
(Proliferation) von Zellen verbunden (assoziiert),
so zum Beispiel Fusobakterium nukleatum (ein so
genannter gramnegativer Anaerobier), enterotoxinbildendes
Bacterium fragilis (ETBF), Streptococcus fäkalis
und Escherichia Coli pks. Teilweise handelt es
sich hier um krankmachende Mundschleimhautbakterien.
Lokale Entzündungsreaktionen werden ausgelöst
sowie Immunreaktionen, die das Einwachsen eines
Tumors verhindern, gebremst.
Die Bakterien finden sich vorrangig in einem Biofilm.
Diesen potentiell gefährlichen Biofilm
findet man bevorzugt im rechten Anteil des Dickdarms
und nur in geringem Maße auf der linken Seite.
Tumoren des rechten Dickdarms gelten als aggressiver
als die linksseitigen Tumore.
Die verdächtigen Bakterien kann man mittlerweile
schon nachweisen.
Eine realistische Vision für die Zukunft sind
Früherkennungstests, mit denen man das Risiko
für späteren Darmkrebs über Stuhluntersuchungen
nachweisen kann.
Dies wäre besonders bei familiär gehäuft
auftretenden Dickdarmkarzinomen wünschenswert.
Ein Multitarget Microbiota Test (MMT) wurde schon
im Vergleich zum Hämoglobin - Haptoglobin
- Test (Hb Hp - Test, empfindlicher Test
auf verstecktes Blut im Stuhl) untersucht. Der
MMT wies eine 3-fach höhere Entdeckungsrate
für Polypen auf als der Hb Hp-Test.
Eventuell kann sogar die Vorsorge - Darmspiegelung,
die ja immer noch schlecht akzeptiert wird, obwohl
sie sehr wirksam ist, dadurch ersetzt werden.
Welche vorbeugenden Therapieoptionen sich aus diesen
Befunden ergeben, ist noch unklar.
4. Wie ist der Stellenwert
der Stuhltransplantation aktuell einzuschätzen?
Die Experten benutzen nicht mehr den Begriff
der Transplantation, sondern sprechen vom fäkalen
Mikrobiomtransfer (FMT), um gedankliche Verbindungen
zu anderen Organtransplantationen zu vermeiden.
Etabliert ist der FMT nach wie vor bei der Behandlung
der Clostridium difficile - Infektion (CDI),
einer schweren, durch Antibiotika ausgelösten
Darmentzündung, die in 30% der Fälle
tödlich ist. Infektionen mit CD sind doppelt
so häufig wie Infektionen mit MRSA. Rückfälle
sind auch nach erfolgreicher Therapie (primär
wiederum mit Antibiotika) häufig (30%).
Nach dem ersten Rückfall ist die FMT Therapie
der Wahl. Man erreicht in 97 % der Fälle
eine Heilung bei guter Verträglichkeit.
Faszinierend sind neue Erkenntnisse zur GvH
- Reaktion (Graft versus host, Gast gegen
Wirt - Reaktion). Hier handelt es sich um eine
lebensbedrohende Komplikation einer Stammzellübertragung.
Bei Leukämien werden gesunde Blut - beziehungsweise
Knochenmarks - Stammzellen von fremden Spendern
übertragen, um ein funktionierendes blutbildendes
System und Immunsystem wiederaufzubauen. Hierfür
muss zuvor durch Hochdosischemotherapie und Bestrahlung
das gesamte Immunsystem ausgeschaltet werden. Bei
einem gewissen Prozentsatz kommt es anschließend
zu schwersten Entzündungs- und Abwehrreaktionen
in verschiedenen Organen. Man hat mittlerweile
herausgefunden, dass Darmbakterien hierfür
verantwortlich sind. Im Zusammenhang mit der vorbereitenden
Therapie kommt es zu einem Zusammenbruch des Mikrobioms.
Es sind schließlich nur noch Enterokokken
nachweisbar.
Diese wandern durch die geschwächte und geschädigte
Darmwand und siedeln sich in den verschiedensten
Organen des Abwehrgeschwächten an. Sie werden
anschließend von dem übertragenen, fremden,
gesunden Immunsystem attackiert. In diesen Fällen
kann man nun durch eine Stuhltransplantation
eine Verbesserung erreichen. Ansätze zum Aufbau
oder Schutz der Barriere gibt es offenbar noch
nicht.
Für alle anderen Erkrankungen ist die
Methode des FMT weiterhin experimentell und kann
auch von mir nicht ohne Einschränkung empfohlen
werden.
Folgende Punkte sind problematisch:
- Übertragung einer riesigen Genmasse eines
anderen Menschen
- Potentielle Übertragung von krankmachenden
Faktoren (siehe Ausführung zum Thema Darmkrebs
oben), auch von Allergien
- Übertragung von Stoffwechselfaktoren oder
-produkten
Es ist ein Fall publiziert worden, bei dem einer
schlanken, darmkranken Mutter Stuhl ihrer übergewichtigen
Tochter übertragen wurde. Danach nahm die
Mutter 30 kg Gewicht zu und wurde selbst stark
übergewichtig. Ob sich dieser Effekt auch
in umgekehrter Richtung nutzen lässt, das
heißt ein/e übergewichtige/r Patient/in
nimmt durch Übertragung von Stuhl einer/s
Schlanken Gewicht ab, ist noch nicht systematisch
untersucht.
Bei Colitis ulcerosa, einer chronisch entzündlichen
Darmerkrankung, gibt es allerdings offenbar positive
Effekte.
Diese können jedoch nur durch eine regelmäßige
Wiederholung der Therapie aufrechterhalten werden.
Dies ist dadurch begründet, dass biologische
Systeme wie das Mikrobiom aus Gründen der
Ökonomie versuchen, ein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten
(so genannte Homöostase).
Veränderungen im System sind immer mit einem
hohen Aufwand für Anpassung verbunden, deshalb
versucht das System, den früheren Gleichgewichtszustand
herzustellen (so genannte Resilienz).
Dies ist auch bei "schlechten" Systemen
gegeben.
Aus diesem Grunde verschwindet bei Erwachsenen
der positive Effekt einer Probiotikaeinnahme etwa
4 Wochen nach dem Absetzen der Präparate wieder.
Es ist unklar, mit welchen Maßnahmen man
erreichen kann, ein neues, "günstiges"
Gleichgewicht / Mikrobiom besser zu stabilisieren.
5. Was gibt es neues
in der Therapie?
Leider nicht viel ...
Es sind Probiotika mit unterschiedlichen
Mischungen verschiedener Bakterienstämme auf
den Markt gekommen, die für spezifische Krankheitsbilder
wie Leberzirrhose oder Migräne in Studien
validiert wurden. Grundlegend neue Bakterienkulturen
sind aus den weiter oben genannten Gründen
noch nicht verfügbar.
Sinnvoll sind nach wie vor Präbiotika
für die verbesserte Anzüchtung der guten
Bakterien, speziell der Bifidobazillen und des
Fäkalibacterium prausnitzii.
Ein zentraler Faktor ist weiterhin die Ernährung.
Es ist nachgewiesen, dass eine Ernährung mit
viel Zucker, "schlechten" Fetten, Zusatzstoffen
wie Emulgatoren, Umweltschadstoffen wie Pestiziden,
mit viel Histamin, Alkohol und individuell unverträglichen
Lebensmitteln ein ungünstiges Mikrobiom fördert.
Bei den oben genannten "karzinomtypischen"
Bakterien wurde ein positiver Zusammenhang (= Vermehrung)
mit dem Konsum von rotem Fleisch und ein negativer
(= Verminderung) mit dem Verzehr von Früchten
und Gemüse gezeigt.
Ich bin überzeugt, dass man mit "sauberen"
Nahrungsmitteln in optimierter Kombination auch
die guten Bakterien anzüchten kann, die man
bisher noch gar nicht kennt, beziehungsweise langfristig
den Bedarf zusätzlich eingenommener Probiotika
reduzieren kann.
Besonders beeindruckend ist die rasche Anpassung
des Mikrobioms an Veränderungen der Nahrungszusammensetzung.
Binnen 24 Stunden nach einer Ernährungsumstellung
kommt es zu einer Anpassung der Bakterienflora.
Wenn ein bestimmtes Ernährungsmuster über
längere Zeit besteht, finden auch Genveränderungen
im Mikrobiom statt (so genannte Epigenetik -
durch Umweltfaktoren bedingte Genveränderungen),
die über 2 Generationen weiter vererbt werden
können. Dieses Mikrobiom kann dann durch "bessere"
Ernährung nicht wieder umgekehrt werden.
Das heißt, ein schlecht ernährter,
geschädigter Darm beeinflusst das gesundheitliche
Schicksal von Kindern und sogar Enkeln.
Das Mikrobiom ist ein ungeheuer dynamisches
System.
Sogar im Laufe eines Tages kommt es zu Fluktuationen.
Die Vorstellung von verschiedenen Darmtypen (Enterotypen)
ist momentan eher etwas verlassen worden. Man geht
von einem individuellen Mikrobiom aus, das sich
auch bei eineiigen Zwillingen unterscheidet und
vor allem durch Lebensstil, Ernährung und
schädigende Faktoren moduliert wird.
Gut ist eine möglichst breite Vielfalt an
Bakterien (Diversität).
Bezüglich einer optimalen Darmernährung
empfehle ich eine individuelle Ernährungsberatung.
Auch wenn die therapeutischen Möglichkeiten
(ebenso wie die Diagnostik) noch in den Kinderschuhen
stecken, kann man dennoch mit den verfügbaren
Methoden den meisten PatientInnen helfen!
Das ist in jedem Falle besser, als gar nichts zu
tun.
Leider klappt dies noch nicht bei allen PatientInnen
in befriedigendem Maße.
6. Was gibt es Neues
zum Thema Mikrobiom und Krankheit?
a) Leberzirrhose (Prof. Stadlbauer-Köllner,
Graz):
Sie ist das Endstadium verschiedener chronischer
Lebererkrankungen, die durch Viren, Verfettung
oder Alkohol verursacht werden. Das Mikrobiom ist
massiv verändert. Die Bakterienvielfalt ist
vermindert, die Gesamtzahl und der Anteil krankmachender
Bakterien sind vermehrt. Auffälligerweise
finden sich verstärkt Mundbakterien wie zum
Beispiel Veillonella und Streptokokken. Durch die
Entgiftungsschwäche der Leber und die vermehrte
Produktion von Ammoniak durch die Bakterien wird
die Leistung des Nervensystems beeinträchtigt
(sogenannte hepatische Enzephalopathie).
Durch die Durchdringung der geschädigten Darmschleimhautbarriere
kann es ferner zu einer spontanen Bauchfellentzündung
kommen.
Seit langem behandelt man schulmedizinisch mit
dem Präbiotikum Lactulose und mit Antibiotika,
um die Ammoniakbelastung zu senken. Neu ist nun
die Gabe von Probiotika. Bei einem neuen
Präparat für Leberkranke hat Frau Stadlbauer
- Köllner aus Graz in einer sauber gemachten
Studie nachgewiesen, dass die Leberfunktion gebessert
wird, die Infektionsrate und Belastung mit Ammoniak
verringert und die Zeit bis zur Lebertransplantation
verlängert wird.
Die Störung der Darmbarriere blieb unverändert.
Dies kann durch das reduzierte Aufbaupotential
bei eingeschränkter Leberfunktion bedingt
sein.
b) Fettleber (Canbay, Magdeburg):
(Nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD-
non alcoholic fatty liver disease))
Sie hat mittlerweile auf der Basis von zunehmender
Adipositas epidemische Verbreitung gefunden. Sie
wird durch eine Speicherung von überschüssigem
Nahrungsfett ausserhalb der Fettzellen verursacht.
Auch Fructose führt über eine Blockierung
der Fettverbrennung zu verstärkter Fetteinlagerung.
90 % der Adipösen weisen eine Fettleber
auf. Sie ist Teil des sogenannten Metabolischen
Syndroms. Die Fettleberentzündung (nicht-alkoholische
Steatohepatitis, NASH), die mit erhöhten Leberenzymen
einhergeht, findet sich bei 20% der adipösen
Menschen. Sie kann zur Leberfibrose, zur Leberzirrhose
und zum Leberkrebs fortschreiten. Bei NASH findet
man eine Störung der Darmbarriere, die zu
vermehrtem Eindringen von Bakterientoxinen führt.
Diese bakteriellen Lipopolysaccharide (LPS),
die über die Pfortader zur Leber transportiert
werden, belasten diese und führen zur Entzündung.
Sie binden an den so genannten "Toll like
Rezeptor 4" (TLR 4) und lösen
eine Entzündungskaskade aus.
Entzündungsstoffe, die in den Fettzellen
gebildet werden, erhöhen die Entzündungsaktivität
zusätzlich. Durch die Dysbiose im Darm werden
vermehrt toxische Gallensäuren gebildet,
die die Leber zusätzlich schädigen. Durch
Ernährungsumstellung und Gewichtsabnahme kann
dieser Prozess gestoppt und zurückgebildet
werden.
Die Gabe von Probiotika verringert die Toxinbelastung
der Leber und somit die Entzündung.
c) Lebensbedrohliche Erkrankungen mit Sepsis
(Prof. Akkermans, Utrecht):
Es wurde in Studien nachgewiesen, dass bei
akuter Pankreatitis Probiotika schädlich
sind.
Im frühen Stadium der Pankreatitis kommt es
zu Beweglichkeitsstörungen des Darms, Aktivierung
des Schleimhautimmunsystems, Dysbiose, bakterieller
Überwucherung und zunehmender Barriereschädigung.
In der Folge kann sich eine Sepsis entwickeln.
Wenn man im frühen Stadium Probiotika verabreicht,
kann man die Dysbiose verringern und die weitere
fatale Entwicklung bremsen. Im Stadium der Sepsis
haben die Probiotka keinen Nutzen mehr.
Bei der nekrotisierenden Enterocolitis,
einer gefürchteten Störung bei Frühgeborenen,
die 8 - 10 Tage nach der Geburt auftritt und
eine Todesrate von 20-30% hat, kann man mit frühzeitigem
Einsatz von Probiotika schwere Verläufe verhindern
und die Mortalität senken.
d) Diabetes Typ 1 (Prof. Treiber, Graz):
Diabetes Typ 1 (T1D) ist eine Autoimmunerkrankung,
die meist im Kindesalter beginnt und zur Zerstörung
der insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse
führt. Bei Kindern mit T1D finden sich Veränderungen
des Mikrobioms und Störungen der Kommunikation
zwischen Bakterien und Immunsystem in der Darmschleimhaut.
Offenbar spielen die sogenannten regulatorischen
T4-Zellen (T4 Reg) eine Rolle. Die Gabe
von Probiotika reduziert die Autoimmunität
und schützt vor Typ 1 Diabetes.
Weitere Schutzfaktoren sind optimale Vitamin
D-Versorgung der Mutter, gesundes Mikrobiom der
Mutter, natürliche Geburt, Stillen, die Ernährung
des Kindes (hoher Anteil von Omega 3-Fettsäuren,
Einführung von fester Nahrung frühestens
im 4. Monat), normales Körpergewicht von Mutter
und Kind.
Negative Faktoren sind Kaiserschnitt, Fehlen von
Bacteroides - Spezies in den ersten 18 Lebensmonaten
und antibiotische Therapie.
Auch die Unterschiede im Mikrobiom der Muttermilch
werden derzeit erforscht.
Da das Mikrobiom des Kindes in den ersten 3
Lebensjahren besonders dynamisch ist, sind Eingriffe
über die Gabe von Probiotika besonders effektiv
und halten offenbar langfristig vor.
e) PCO - Syndrom (Syndrom polyzystischer
Ovarien, Prof. Obermayer - Pietsch, Graz):
PCO ist mit der sogenannten Insulinresistenz (Unempfindlichkeit
von Körperzellen gegenüber dem Insulinsignal)
verbunden.
PCO führt zu einer Fülle von Beschwerden.
Neben verstärkter Körper- und Gesichtsbehaarung
kommt es zu Ausfall des Haupthaars, Akne, Unfruchtbarkeit,
Eierstockszysten, Bauchfettvermehrung und dem Komplex
des Metabolischen Syndroms. Das Herz - Kreislauf
- Risiko ist ebenso wie das Tumorrisiko erhöht.
Die Erkrankung tritt familiär gehäuft
auf, betroffen sind auch die männlichen Familienmitglieder(!),
was Stoffwechsel- und Hormonstörungen angeht.
Frauen mit PCOS weisen in einer Studie ein verändertes
Mikrobiom mit verringerter Vielfalt auf, die Zonulinwerte
waren erhöht.
Durch eine Therapie mit Probiotika konnten Körpergewicht,
Insulinresistenz und Fettstoffwechsel gebessert
werden.
f) Gut - Pain - Axis (Darm - Schmerz
- Achse, Prof. Herbert, Graz)
Interessante Thesen zur Darm-Hirn-Achse werden
derzeit in Studien bearbeitet.
Chronischer Schmerz kann nicht befriedigend behandelt
werden, wenn man die Ursache(n) nicht findet.
Chronische Unterleibsschmerzen (Prostata, Scheide),
Fibromyalgie, wechselnde Ganzkörperschmerzen
oder komplexe regionale Schmerzsyndrome sind durch
die spezielle, vorrangig medikamentöse Schmerztherapie,
häufig unzureichend zu lindern.
Bei der Chronifizierung sind Nervenverschaltungen
mit beteiligt.
Die Darm - Gehirn - Achse (Gut -
brain - axis), die mit dem vegetativen Nervensystem,
dem Immunsystem und dem neuroendokrinen System
assoziiert ist, kann eine wichtige Rolle spielen.
Ein wichtiger Modulator ist das Hormon Serotonin.
Bakterielle Toxine (LPS, Lipopolysaccharide),
die durch eine gestörte Darmbarriere in den
Körper eindringen, können Neurone im
Rückenmark sensibilisieren und eine Schmerzverstärkung
auslösen.
Studien der sogenannten Modic - Veränderungen
(Modic - Changes) haben gezeigt, dass in geschädigten
Bandscheiben mit therapieresistenten chronischen
Rückenschmerzen häufig bakterielle Mikroinfektionsherde
zu finden sind.
Diese sind neben Beschwerden durch Histaminbelastung
oder -freisetzung und durch Nahrungsmittel
verursachte Entzündungsreaktionen weitere
Faktoren, die bei chronischem Schmerz die Rolle
des Darms unterstreichen.
Stress ist ein Faktor, der das Mikrobiom
verändert, die Barriere schädigt und
die Schmerzwahrnehmung verstärkt.
Prof. Herbert schilderte einige beeindruckende
Fälle, in denen therapieresistente Unterleibsschmerzen
durch Behandlung mit Probiotika, Ernährungsoptimierung
und Stressabbau massiv gebessert werden konnten.
7. Welche Auswirkungen
zeichnen sich durch die neuen Erkenntnisse zum
Metabolom ab?
Die Darmbakterien sind zum Beispiel für
die Wirkung von Chemotherapeutika wichtig:
So wirkt eine Platintherapie nur optimal tumorzerstörend,
wenn durch Bakterien bestimmte Metabolite (Stoffwechselprodukte)
aktiviert oder "scharfgestellt" werden.
Dies gilt auch für Cyclophosphamid (Endoxan).
Eine antibiotische Therapie, die parallel zur Chemotherapie
durchgeführt wird, kann die Wirksamkeit der
Anti-Tumor-Therapie drastisch verringern.
Bei der Antikörpertherapie des schwarzen Hautkrebses
(Melanom) konnte das Therapieansprechen durch zusätzliche
Gabe von Bifidobakterien erheblich gesteigert werden.
Methotrexat (MTX) ist ein immununterdrückendes
Medikament, das bei der Therapie der rheumatoiden
Arthritis als Basismedikament eingesetzt wird.
Es wirkt hemmend auf den Folsäurestoffwechsel.
Menschen mit einem Prevotella-dominierten Mikrobiom
haben eine reduzierte Folsäurebildung und
damit eine stärkere MTX - Wirkung. Sie
benötigen weniger MTX als Menschen
mit Bacteroides - betontem Mikrobiom.
Zum Herzinfarktrisiko durch TMAO gibt es
neue Studien.
Trimethylamin (TMA) ist ein Stoff, der von Darmbakterien
aus Lecithin, L-Carnitin oder Cholin gebildet wird.
Diese Stoffe werden durch fetthaltige, fleischlastige
Ernährung verstärkt aufgenommen. In der
Leber wird TMA dann in Trimethylaminoxid (TMAO)
umgewandelt. TMAO verursacht im Tierversuch eine
Entzündung der Blutgefäße.
Das Risiko, einen Herzinfarkt zu entwickeln, war
bei PatientInnen mit hohen TMAO-Werten doppelt
so hoch wie bei PatientInnen mit niedrigen Werten.
Die klassischen Risikofaktoren wurden in der Studie
herausgerechnet.
Für die Bildung von TMA sind hauptsächlich
Firmicutes und Proteobacteria verantwortlich. TMAO
wird dann offenbar bei Dominanz von Prevotella
verstärkt gebildet.
Auch die Aktivierung von Hormonen hängt
vom Mikrobiom ab.
So genannte Phyto - Östrogene aus Soja
haben nicht bei allen Frauen eine Wirkung. Ob diese
Hormone wirksam werden, hängt von einer Aktivierung
durch Darmbakterien ab.
Nierensteine bestehen meist aus Calciumoxalat.
Die Oxalsäure ist in vielen pflanzlichen Lebensmitteln
enthalten (Rhabarber, rote Bete, Spinat usw.).
Wenn die Oxalsäure im Darm nicht richtig abgebaut
wird, wird sie in die Blutbahn aufgenommen und
über die Nieren ausgeschieden. Dort bildet
sie Kristalle und in Verbindung mit Calcium Nierensteine.
Für den Abbau von Oxalsäure im
Darm sorgt Oxalobacter formigenes.
Als Hauptursache für die Abnahme dieses Keims
bei Erwachsenen wird eine unkritische Antibiotikatherapie
angesehen.
Auch die Festigkeit (Konsistenz) des Stuhls
hängt vom Mikrobiom ab.
Methanbildende Bakterien wie Methanobrevibacter
smithii machen den Stuhl eher fest, da Methan die
Darmbeweglichkeit hemmt.
Bacteroides hingegen beschleunigt die Darmpassage
und macht den Stuhl weich. Wehkamp wies in Berlin
darauf hin, dass die Stuhlkonsistenz bei der Mikrobiomanalyse
große Bedeutung habe.
Dass bestimmte Bakterien auch für die Ernährung
und den Schutz der Darmschleimhaut relevant
sind ist schon länger bekannt. Die Prevotella
produzieren zum Beispiel kurzkettige Fettsäuren
(short chain fatty acids - SCFA), die die
Schleimhaut ernähren (und die Kalorienbilanz
beeinflussen), die Akkermansia muciniphilia bauen
Muzine ab und verstärken die Schleimschicht
über der Schleimhaut.
Die Bakterien bilden neben den bekannten Defensinen
auch antimikrobielle Eiweiße, so genannte
Microcine, die regulierende Kontrolle auf das umgebende
Milieu haben.
Auch bei der Wundheilung nach Operationen
spielt das Mikrobiom eine Rolle:
Es gibt Bakterien, die den Aufbau von Kollagen
(Bindegewebseiweiß) fördern, andere
fördern den Kollagenabbau. Durch Probiotika
ist die Rate an Anastomoseninsuffizienzen (Wiedereröffnung
operierter Nahtstellen) zu senken!
Antibiotika:
Die unkritische antibiotische Therapie findet
immer noch statt und muss weiterhin vermindert
werden.
Eine aktuelle Studie bezüglich Clostridium
difficile (CD) belegt, dass die antibiotische Therapie
eines Patienten im Krankenhaus (ohne eigene CD-Erkrankung)
das Risiko für den nächsten Patienten,
der das gleiche Bett belegt, eine Clostridium difficile-Infektion
zu entwickeln, um 22 % erhöht. Das Bett wurde
selbstverständlich vorher in üblicher
Weise gereinigt.
Grund ist wahrscheinlich die Bildung von umweltresistenten
Clostridium difficile-Sporen, die durch die antibiotikabedingte
Selektion entsprechender CD-Stämme entstehen
und sich in der Umgebung verteilen.
Die Autoren folgern, dass die alleinige Antibiotika
- Behandlung eines Patienten im Krankenhaus hygienische
Maßnahmen erfordert, wie sie bei und nach
der Behandlung eines Patienten notwendig sind,
bei dem schon Problemkeime nachgewiesen sind.
8. Wie hängen Mikrobiom
und Tumorentstehung zusammen?
Vom Magenbazillus Helicobacter pylori,
der Teil des Magenmikrobioms ist,
ist seit längerem bekannt, dass er bei den
meisten Infizierten eine chronische Magenschleimhautentzündung
auslöst. Das Risiko für Magenkrebs ist
um den Faktor 40 erhöht!
Beim Mikrobiom des Darmes geht man davon aus, dass
es ein insgesamt krebsfördernd zusammengesetztes
Mikrobiom gibt. Dies hat zunächst mit einer
erhöhten Entzündungsförderung
zu tun. Hier spielen Faktoren wie NF kappa
B (nuclear factor kappa light chain enhancer of
activated B cells) und STAT3 (signal transducer
and activator of transcription 3) eine Rolle.
Auch werden Tumorunterdrückungsgene inaktiviert
und Tumorwachstumsgene aktiviert.
Die Bakterien binden an so genannte "toll
like - Rezeptoren" (TLR) an der Tumoroberfläche
und fördern die Aktivierung von Calcineurin,
das wachstumsfördernd ist. Dies gilt vorrangig
für die Entwicklung von Darmkrebs.
Man hat aber auch nachgewiesen, dass das Mikrobiom
Häufigkeit und Wachstumsverhalten von Brustkrebs
und Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom)
beeinflusst.
9. Verschiedenes
Titandioxid ist ein Nanopartikel.
Es ist als Weißmacher einer Vielzahl von
Medikamenten aber auch zum Beispiel Kaugummis zugesetzt.
Eine neue Studie zeigt nun, dass es die Schleimhautbarriere
schädigt. Die Barrierefunktion wurde vermindert,
der oxidative Stress und entzündliche Signale
nahmen zu. Dies wurde allerdings an einem Zellmodell
in vitro (im Reagenzglas) untersucht.
Emulgatoren sind sogenannte Entschäumer.
Sie werden einer Vielzahl industriell gefertigter
Nahrungsmittel zugesetzt (u.a. in Form von Carboxymethylcellulose,
Polysorbat 80 usw.). In einem Zellmodell konnte
gezeigt werden, dass sie das Mikrobiom ungünstig
verändern, so dass vermehrt entzündungserzeugende
Stoffe freigesetzt werden (u.a. LPS).
Die chronische Entzündungsreaktion an der
Darmschleimhaut erhöht dann das Darmkrebsrisiko.
Protonenpumpenblocker (PPI, Magensäureblocker)
verändern durch das Verschwinden der Magensäure
und die verschlechterte Eiweißverdauung das
Mikrobiom. Sie erhöhen aber auch die Darmdurchlässigkeit,
weil sie mit Barriereeiweißen (Junction-Proteinen)
Wechselwirkungen eingehen.
Auch Metformin führt zu Veränderungen
des Mikrobioms. Möglicherweise ist der positive
Effekt auf die Insulinresistenz hauptsächlich
durch das veränderte Mikrobiom bedingt.
Cortison ist ein Stresshormon, welches
im Stress das Überleben sichert. Dies ist
auch bei schweren Entzündungsreaktionen oder
auch bei der vorübergehenden Therapie der
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen hilfreich.
Bei längerdauernder Anwendung ist mit ungünstigen
Effekten auf die Schleimhautbarriere und das Immunsystem
des Darms zu rechnen (persönliche Mitteilung
von Prof. Dr. Schreiber, Kiel).
Fructose (Fruchtzucker)
Fructose, vor allem in Form des "high
fructose corn sirup", ein Fruchtzuckerkonzentrat
aus Mais, das in Erfrischungsgetränken (Softdrinks)
breit eingesetzt wird, spielt eine Rolle bei der
Verfettung der Leber, der Entwicklung des Metabolischen
Syndroms und der Zunahme der Fettmasse.
Er schädigt ferner die Darmbarriere und das
Mikrobiom.
Durch hohe Zufuhr von Fructose kommt es zu einer
verstärkten Bildung von Fructose-5-phosphat
durch die Fructokinase. Dies führt zu einem
verstärkten Verbrauch von ATP (Adenosintriphosphat).
Wenn die Zufuhr von Fructose die Verfügbarkeit
von ATP übersteigt, kommt es zu einer Entleerung
der ATP-Pools. In der Folge häuft sich ADP
(Adenosindiphosphat) an, welches dann zu AMP (Adenosinmonophosphat)
, Inositolmonophosphat (IMP), Hypoxanthin, Xanthin
und schließlich Harnsäure abgebaut wird
und den Harnsäurespiegel dauerhaft erhöht.
Bei erhöhtem Harnsäurespiegel kommt
es zu verstärktem oxidativem Stress in den
Mitochondrien (Zellkraftwerken), zu einer Dysfunktion
der Mitochondrien, einer Zunahme des ATP-Defizits
und einem Energiemangel. Hierdurch kann eine Zunahme
von Körperfett erzeugt werden.
Offenbar wirkt die Harnsäure auch blutdrucksteigernd.
Dies kann zum einen durch Harnsäureablagerungen
in den Nieren mit nachfolgender Nierenschädigung
entstehen.
Zum anderen wird Harnsäure durch sogenannte
Urat -Transporter in kleine Arterien (Arteriolen)
transportiert, lagert sich in der Gefäßwand
ab und verursacht eine Entzündung.
Diese führt zur Verhärtung und Verdickung
der Gefäßwand, erhöht den Gefäßwiderstand
und den Blutdruck.
Harnsäure ist somit ein Risikofaktor bei der
Entstehung der Arteriosklerose.
nach
oben Δ
|
Arztpraxis Kellner
Talstraße 17
66119 Saarbrücken
Telefon |
0681 - 5 34 91 |
Fax |
0681 - 5 34 44 |
Neue Email:
praxis-dr-kellner@t-online.de
Sprechzeiten
Mo - Fr vormittags
8.30 - 12.30 Uhr
Mo, Di & Do nachmittags
15.00 - 17.00 Uhr
Nous parlons
français!
Bitte
lesen Sie die
Corona-Info!
AnfahrtLage- und Anfahrtsplan
|